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Spektrum Shake-speare

Thema 59 sich Wat Tyler dann vertrauensselig allein zu Verhandlungen mit dem König begab, wurde er getötet.Auch Wat Tyler hatte auf die Redlichkeit des jungen Königs gesetzt und seinen Beratern die Schuld gegeben. Das Denkschema, «der König (oder der Führer) ist in Ordnung, nur seine Berater sind schlecht», ist alt- und neubekannt. Auch die gegen Richard II. opponierenden Adeligen schoben die Schuld emporgekommenen Beratern niedriger Herkunft zu. Schließlich wurde Richard II. doch zur Abdankung gezwungen. In der Tudorzeit wird er dann zum Symbol des unantastbaren absoluten Fürstentums. Es gehört zum Tudor-Mythos, dass die Absetzung Richards II. die Erbsünde der jüngeren Geschichte gewesen sei, worin das Übel der späteren Rosenkriege zwischen den Häusern von Lancaster und York seine Wurzeln gehabt hätte. Sein Widersacher Bolingbroke wird zum Synonym des ehrgeizigen Usurpators. Das ist auf den ersten Blick merkwür- dig, denn Bolingbroke ist kein anderer als Heinrich IV., der erste König aus dem Haus Lancaster, auf das die Tudors ihren Anspruch auf den Thron zu- rückführen. Doch Symbole und Mythen kümmern sich wenig um historische Richtigkeit; vielmehr bildet der Mythos mit Geschichte das Zweiergespann, das den Karren der Entwicklung zieht. Nach der Essex-Rebellion 1601 wird Königin Elisabeth demAntiquar William Lambarde sagen: «Ich bin Richard II., wissen Sie das nicht?» Ihr Staatssekretär Robert Cecil wird ins gleiche Horn stoßen. Essex habe den Bolingbroke spielen, den neuen ersten «Lan- caster» geben wollen sozusagen. Vielleicht haben sie, Königin Elisabeth und Robert Cecil, auch ins gleiche Horn gestoßen. Schon in der prämedialen Welt vermochte das mechanisch gesprochene Wort, die firme Wiederholung, sich eine Vorgabe gegenüber dem durchdachten Wort zu ergattern. Die Am- bitionen des Earl of Essex zu Höherem lagen zutage. Aber Robert Cecil hatte vermutlich doch etwas nachgeholfen. 1599 gibt der Historiker John Hayward sein Werk The First Part of the Life and Reign of Henry IV heraus. Hayward hatte sich wohl nichts dabei gedacht. Doch irgendwer hatte sich etwas dazu gedacht. Das Werk behandelte die Anfänge der Regierung Hein- richs IV., das heißt, die letzten Jahre des Sturzes Richards II. Die zentrale These goss Wasser auf die politischen Mühlen des Earl of Essex: Richards II. Regierung sei verkommen, weil er zu viele Berater unreinen, nichtadeligen Blutes um sich geschart habe, was Bolingbrokes Staatsstreich gerechtfertigt habe. Ähnlich versuchte Essex seinen Anspruch auf die führende Rolle im Lande zu zementieren. Wer die Emporkömmlinge waren, daran konnte kein

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