114 Schule und Unterricht Zugang zu den Sonetten in der Schule und de Veres Biographie – Chancen und Risiken Elke Brackmann und Robert Detobel Die Gemeinschaft derer, die Shakespeare an die Schülerschaft herantragen, befindet sich seit kurzem in einer historischen Situation, auf die sie nicht wirklich vorbereitet ist. Schließlich zwingt das Medieninteresse, das der Em- merich-Film Anonymous entfachte, eine Berufsgruppe dazu, Stellung zu nehmen. Bis dahin hatte man die Frage der Autorschaft eher der universitä- ren Arena zugeschrieben, und diese beliebt noch immer zu schweigen. Nicht dass die Zweifler aller Couleurs dem akademischen Milieu zuzurechnen sind; aber die Universitäten weigern sich beharrlich, der Frage den gebüh- renden Platz einzuräumen. Eine Ausnahme bildet die Brunel University / London (Prof. William Leahy). Gewiss, die Arbeitsbelastungen in der Schule, von den Korrekturaufga- ben gar nicht zu sprechen, sind dermaßen gestiegen, dass die Bereitschaft der Anglisten, zeitintensiv zu forschen, nicht einzufordern ist. Daneben gibt es aber auch gedankliche Sperren, die einem das Thema sogar lästig erscheinen lassen können. Man konnte sich bis jetzt allemal auf der sicheren Seite füh- len, wenn man sich an das Deutungsmonopol der Stratfordianer anlehnte (unter denen es ohne Zweifel achtenswerte Shakespeareforscher gibt). Strat- fordianer sind diejenigen, die die vorhandenen Dokumente über den Strat- forder Kandidaten als geeignet ansehen, ihn mit dem Werk zu verbinden. Da dies seit Jahrhunderten so geschieht, gibt dieser orthodoxe Mainstream Si- cherheit, auch dann, wenn man die Sachlage nicht wirklich kennt. Das alles hilft uns noch nicht bei der Frage: Was sage ich meinen Schü- lern? Aus der Überforderung mit dieser Frage haben sich vornehmlich zwei Fluchtwege ergeben, die man einschlägt. Fluchtweg Nr. 1: Shakespeares Werke erschließen sich doch auch ohne eine Biographie. Das Argument ist bestechend, weil es in der Praxis immer zu