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Spektrum Shake-speare

Hintergrund 146 terhin großes Interesse daran hatten, das Inkognito des dichtenden Earls auch in Zukunft zu wahren. In Adelskreisen galt es grundsätzlich für ungehörig, öffentlich als Poet in Erscheinung zu treten. «Für einen Lord wäre es lächerlich, Verse drucken zu lassen», so der Gelehrte John Selden (1584–1654), «es genügt, wenn er sie zu seinem eigenen Vergnügen macht, aber sie zu veröffentlichen ist närrisch.» Die Werke Edward de Veres erscheinen nachweislich unter Pseudonymen wie «Fortunatus Infoelix», «My lucke is losse», «Content», «Ignoto», «Phae- ton» und schließlich: «Shakespeare». Der 17. Earl of Oxford war zudem nicht irgendein Adliger, er stand Englands Krone so nahe wie sonst nur wenige. Als Jugendlicher wuchs er, nach dem Tod seines Vaters, im Hause von Wil- liam Cecil auf, Lord Burghley, der von Königin Elizabeth I. von 1558 bis 1571 als Erster Staatssekretär und von 1571 bis zu seinem Tod 1598 als Schatz- kanzler (Lord Treasurer) eingesetzt worden war und in dieser Funktion vier- zig Jahre lang neben der Regentin selbst die Geschicke des Landes lenkte. William Cecil war nicht nur Edward de Veres Vormund, sondern später auch sein Schwiegervater: Der Earl heiratete 1571 Anne Cecil. Eine ausführliche Reise in den Jahren 1575/76 durch Italien und Frankreich machte ihn, der auch des Lateinischen und Griechischen mächtig war, mit den Sprachen und Gegebenheiten dieser Länder bekannt. Die literarischenVorlagen zu seinem Sommernachtstraum konnte er auch im jeweiligen Original gelesen haben. Nach Anne Cecils Tod sollte ihre gemeinsame Tochter Elizabeth de Vere den Earl of Southampton, Henry Wriothesley, heiraten. Er war der geheim- nisvolle Jüngling, an den die ersten Sonette «Shakespeares» gerichtet sind, in denen der Dichter Edward deVere seinen potenziellen Schwiegersohn – ver- geblich – zur Hochzeit drängt, von dessen Schönheit der Autor dann selbst zunehmend fasziniert ist (so wie auch Oberons Interesse an dem Inderkna- ben eine erotische Färbung nicht leugnen kann) und der sich dann auch in die Beziehung zwischen dem Autor und der in den Sonetten namenlosen «dark lady» drängt. Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass der Sommernachts- traum in Oberons Erzählung von der schön singenden, auf einem Delfin rei- tenden Priesterin, die von Amors Pfeil verfehlt wird, eine Szenerie des be- rühmten Festes auf Schloss Kenilworth aus dem Jahr 1575 evoziert. Fantasie- volle Stratford-Biografen erdenken sich die Möglichkeit, dass das Kind William Shakspere bei diesen Feierlichkeiten Zaungast gewesen sein könnte.

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