Thema 31 verbaleVerleumdung war nunVerlust der beiden Ohren, für schriftlicheVer- leumdung Verlust der rechten Hand. Wie es 1580 John Stubbs widerfuhr, als er in einem Pamphlet vor Elisabeths geplanter Ehe mit dem katholischen Herzog von Anjou warnte. Zu den Prärogativen der absoluten Fürstin hatte ein Gemeiner wie Stubbs duckmäuschenstill zu bleiben. Aus dem Dilemma, in das sie die Hinrichtung der Maria Stuart bringt, befreit sie sich dann doch geschickt. Und letztlich mit Erfolg. Als William Davison, der vormalige Gesandte in Holland, jetzt zweiter Staatssekretär nach Walsingham, das Todesurteil überbringt, unterschreibt sie es, soll aber nach ihrer eigenen Darstellung hinzugefügt haben, mit derAusführung sollte noch gewartet werden. Davison hätte diese zusätzliche Anweisung missach- tet. Elisabeth veranstaltete … ihr Theater auf der Bühne vor der ganzen Welt. Sie lässt Davison in den Tower werfen … zahlt ihm aber trotzdem wei- terhin eine jährliche Pension; sie schilt ihren treuesten Minister, Lord Burgh- ley, und verbannt ihn sogar eine Weile vom Hof usw. Man kann ihrVerhalten aus heutiger Sicht als zynisch und heuchlerisch bezeichnen. Auch das wäre verkehrt. Ihr ambivalentes Verhalten erscheint als der einzige Ausweg aus dem Dilemma. Einerseits entledigt sie sich einer Rivalin und Nachfolgerin, die sie auf keinen Fall will; anderseits wahrt sie durch ihr göttlich-theatrali- sches Gebaren das Gesicht bei den anderen Königen und Fürsten und be- kundet ihre Treue zum Grundsatz des absoluten Fürstentums. Krieg in den Niederlanden Ende 1588 trat Thomas Bodley seinen Dienst an als Botschafter im Haag und als Mitglied des niederländischen Staatsrats. Staatsrat und Generalstaaten waren die beiden obersten Verfassungsorgane der Niederlande. Obwohl der 1584 ermordete Wilhelm von Oranien unumstrittener Führer der Nieder- lande war, war er formal nie Staatsoberhaupt, sondern Statthalter der beiden wichtigsten Provinzen Holland und Seeland; Friesland und die übrigen Ge- biete hatten ihren eigenen Statthalter. Die Abgeordneten der Provinzen bil- deten die Generalstaaten, bei denen die Entscheidungsbefugnis lag. Der Staatsrat hatte lediglich beratende Funktion. In den Staatsrat entsandte Eng- land einen Vertreter. Die niederländischen Generalstaaten verlangten von ihm einen Treueeid und begründeten dies in einem Schreiben an Bodley vom