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Spektrum Shake-speare

Schule und Unterricht 116 Die Chancen und die Risiken, die eine Einbeziehung der Biographie mit sich bringen, sollen hier ehrlich diskutiert werden. Es ist bekannt, dass W. H. Auden die Sonette als biografische Bekenntnisse («naked autobiographical confessions»), Robert Browning hingegen als literarische Übungen («literary exercises») rezipiert hat. Mir persönlich ist es schleierhaft, dass die Tiefe, das Leid und vor allem die Ehrlichkeit, die aus den Dichtungen spricht, nicht aus eigenem Erleben gespeist sein sollen. Ich meine, die Frage stellen zu dürfen, welcher Dichter je über eigene Schwächen und Unzulänglichkeiten so vorbe- haltlos offen geschrieben hat – schon allein vor sich selber all das einzugeste- hen erscheint mir eher als eine Leistung des Bewusstseins späterer Jahrhun- derte. Shakespeare ist wie ein Bürger unseres Jahrhunderts – diese Tatsache allein weist weit über die Sonette als bloß hochwertige Stilübungen hinaus. Zunächst sollen anhand von Sonett 29 gangbare Wege gezeigt, später dann Einseitigkeiten im Umgang damit beantwortet werden. «Shakespearean Sonnets»4 ist eine reichhaltige Fundgrube für Englisch- lehrerinnen. Das erstellte Unterrichtsmaterial zeugt, in unserem Zusam- menhang betrachtet, von gedanklicher Konsequenz: Das Leben des Stratfor- der Kandidaten wird gänzlich ausgeklammert, nicht einmal der Earl of Southampton wird als Adressat der Sonette 1–126 genannt, obwohl dies von einer größeren Anzahl der Vertreter der Orthodoxie angenommen wird. Ihr Angebot an Arbeitsblättern zur Elizabethan worldview ist hilfreich, wenn diese für die Sonette auch eine untergeordnete Rolle spielt. Des Weiteren baut sie für die SuS5 eine gelungene Brücke zum Verständnis, indem sie Zitate anbietet, die das Thema Neid eingängig formulieren. Ein legitimer Zugang aus einer textimmanenten Betrachtungsweise. Der Anspruch, den SuS mithilfe geeigneter Fragen zurVertiefung ihrer ästhetischen Kompetenz verholfen zu haben sowie einen Weg in das Verständnis allgemeinmensch­ licher Inhalte dieses Sonetts bereitet zu haben, ist erfüllt. Helen Vendler bringt die zwei Ebenen der Wirklichkeit, die der Hierar- chie der sozialenWelt und «die hierarchisch konzipierteWelt der Natur»6 ans Tageslicht – eine Stelle, an der die elisabethanische Weltordnung gut zum 4 Groß, Elena: Shakespearean Sonnets and Elizabethan Poetry. Ernst Klett Stutt- gart 2011. 5 SuS steht für «Schülerinnen und Schüler». 6 Vendler S. 161.

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