Thema 40 Polonius Auch der junge Edward de Vere nennt seinen Schwiegervater in einem Brief 1572 (vermutlich im September) als denjenigen «von dem der Staat abhängt» und auf den die Augen der Welt gerichtet sind «als den Pfeiler, auf den sich die Religion zu stützen hat». Darüber, dass Shakespeare dem Charakter des Polonius Züge Lord Burghleys verliehen hat, sind sich auch viele orthodoxe Forscher einig. Warum sollte denn Edward deVere, so er der Hauptverfasser der Shakespearschen Werke ist, ihn in Hamlet Polonius nennen? Nun – eben weil er der Pfeiler, derAtlas des Staates war, der pater patriae. «Vater des Vaterlandes» sind mehrere Staatsmänner genannt worden, Wil- helm von Oranien u. a. Der allererste aber, dem das Prädikat verliehen wurde, war Julius Cäsar. Nur unter dem Gesichtspunkt des pater patriae sind der römische Feldherr und der allem Militärischen abgeneigte englische Staatsmann vergleichbar. In Akt III, Szene 1 von Julius Caesar lässt Shakes- peare diesen sich vergleichen mit «des Nordens Stern»: I could be well mov’d, if I were as you; If I could pray to move, prayers would move me; But I am constant as the northern star, Of whose true-fix’d and resting quality There is no fellow in the firmament. In August Wilhelm Schlegels Übersetzung: Ich ließe wohl mich rühren, glich ich euch: Mich rührten Bitten, b ä t ich, um zu rühren. Doch ich bin standhaft wie des Nordens Stern, Deß unverrückte, ewig stete Art Nicht ihresgleichen hat im Firmament. «Northern star» und «pole» bezeichnen den gleichen Stern: Nordstern, Leit- stern, Polarstern; in übertragenem Sinne bedeutet das Wort auch «festen Be- zugspunkt». Es ist wohl kein Zufall, dass in Hamlet ebenso der Bezug zwi- schen Cäsar und Polonius hergestellt wird: