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Spektrum Shake-speare

Schule und Unterricht 118 schaftlichen Kriterien zu genügen, didaktisch sinnvoll zu strukturieren und Material zu erstellen, das für die SuS intellektuell und emotional anspre- chend ist. Bevor ich die Chancen eines solchenVorgehens verdeutliche, muss ein Wort über die Risiken gesagt werden; ein unredlicher Umgang mit dem Thema wäre verheerend. So wie auf dem orthodoxen Feld Deutungen, bei denen das Augenmaß fehlt, existieren, bleiben solche auf dem oxfordiani- schen Feld auch nicht aus. Der Ehrlichkeit halber muss ich die traurige Pflicht erfüllen, Irrwege und Einseitigkeiten, die oben theoretisch angesprochen wurden, konkret aufzuzeigen. Auf schier unerträgliche Weise deutet Hank Whittemore9 in die Sonette seine gedanklichen Obsessionen hinein. Die Idee, der Earl of Oxford sei ein Sohn Elisabeths, mit dem sie dann noch den Earl of Southampton gezeugt habe, beherrscht ihn so sehr, dass er die poeti- sche Dimension und die inhaltlich offenen Ränder jedes Sonetts nonchalant unter den Tisch fallen lässt. Freilich ist seine Theorie durch kein Dokument verifizierbar; das hindert ihn nicht daran, diese als richtig zu erklären und sich mit Fleiß und Leidenschaft auf eine Frage zu beschränken: «Wer ist wer?» in den Sonetten. Diese Herangehensweise treibt dermaßen skurrile Blüten, dass man sich fast schämen muss, daraus zu zitieren. Da den SuS heutzutage durch das Internet alle Sonettdeutungen zugänglich sind, kommt man nicht umhin, sie zu nennen. So ist für Whittemore die angesprochene «fortune» (Z. 1) ein Synonym für Elisabeth, «outcast state» ( Z. 2) interpre- tiert er als den Status des wegen der Essex-Rebellion im Tower sitzenden Southampton, mit dem sich Oxford identifiziere, da er sein Sohn sei. Ganz unverständlich ist schließlich seine Deutung von «heaven’s gate» (Z. 12) als «The traitor’s gate of Elizabeth’s Tower of London.» Glücklich, wer hier la- chen kann. So zieht Whittemore durch die USA, das «real thing» als anzubietenden Tand in den Sonetten schauspielerisch gekonnt verkaufend. Das Lob, das er auf seiner Website erntet, ist unverständlich. Whittemore gibt nicht nur dem Biographischen ein Übergewicht; er vernichtet jegliches Gefühl für Kunst, das unsere SuS gewiss haben. Dieses Mehr eines Gedichts, die Würde, den Wert der gewählten Worte, die Klangqualitäten und den inhaltlichen Kern, der aus der Biographie allein nicht erschließbar ist, ignoriert Whittemore, 9 Whittemore, Hank: The Monument. Meadow Geese Press, Massachusetts 2005, S. 217ff.

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