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Spektrum Shake-speare

Hintergrund 157 sehen, dass die Übereinstimmung zwischen dem gespielten Mord an Gonzago und dem tatsächlichen Mord an Hamlets Vater nicht zufällig sein kann.8 Er wird nun schleunigst Gegenmaßnahmen ergreifen. Daher ist das Experiment im Grunde politisch und taktisch kontraproduktiv. Denn nun hat Hamlet zwar die nötige Gewissheit, was Claudius betrifft, aber er hat auch seine schützende Unwissenheit verloren und sich zu einer wandelnden Zielscheibe gemacht. 15. Fest entschlossen, den König zu töten, findet ihn Hamlet beim Beten. Claudius gesteht anscheinend seine Schuld vor Gott und ringt mit sei- nem Gewissen. Der Anblick seines betenden Onkels weckt Hamlets Mitgefühl, nun zaudert er aus anderen Gründen. Die Betszene (3.3) bil- det den Wendepunkt der Handlung. Hamlet hat den klaren Vorsatz, Claudius zu töten, weil er ihn für den Mörder seines Vaters hält, aber jetzt fehlt ihm der Affekt. Das subtile und erfolgreiche wirkungsästheti- sche Experiment steht in keinem Verhältnis zu der nun zu bewältigen- den Gräueltat; und angesichts der Entblößtheit und Verletzlichkeit die- ses Menschen erscheint Mord plötzlich nicht mehr als das adäquate Mit- tel der Rache. 16. Hamlet sieht nun dieWahrheit. Er hat den Betrug entlarvt und Claudius’ Schuld erwiesen; er hat die Fiktionsebene, die Claudius am Hof geschaf- fen hatte, und die Realitätsebene, auf die ihn der Geist (sein Vater) auf- merksam gemacht hatte, zur Deckung gebracht. Damit hat er zugleich die Faktizität derAussage des Geistes bewiesen. DieWelt von Helsingör wurde durch eine Geistererscheinung und eine Theatervorstellung de- maskiert. Hamlets beabsichtigte Rache scheint mit der Assimilierung derVergangenheit an die Gegenwart und mit der Herstellung von Tatsa- chen vollzogen. Hamlet verwirklicht die Botschaft des Geistes im Sinne einer ontologischen Korrektur. Er inthronisiert das Sein in einer Herr- schaft des Scheins. Doch den eigentlichen Auftrag des Vatergespenstes hat Hamlet nicht realisiert, ein Sein durch ein anderes Sein zu ersetzen, nämlich Claudius zu ermorden und selbst an dessen Stelle zu treten.Am Ende bricht die Fassadenwelt von Helsingör, in der ein fortschrittlicher Epistemologe und ein brutaler Machtmensch aufeinander treffen, in 8 Arthur C. Danto, Die philosophische Entmündigung der Kunst, München 1993, S. 42.

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