Thema 58 wünschten Steuern und Gesetze zu bewilligen, kann nicht mit einem moder- nen Parlament verglichen werden. Es war meist ein Vollstreckungsinstru- ment des Königs. Mit den Gerichten verhielt es sich zumal bei Hochverrats- prozessen nicht besser. «Peers», Hochadelige, erschienen von einer aus anderen Hochadeligen zusammengesetzten Jury, die mit einfacher Mehrheit entschied. Unterhalb des Hochadels, vom Ritter («Knight») abwärts, im technischen Sinne Gemeine, musste die Jury durch Einstimmigkeit entschei- den. Gemeine mussten halt zu einem Gemeinbeschluss finden. Die Jury musste solange zusammenkommen, bis die Einstimmigkeit erreicht war. Es konnte gar geschehen, dass sie auf Brot und Wasser gesetzt wurde, bis Einig- keit erreicht war. Oder dass sie eingeschüchtert und zurückgeschickt wurden, um ein anderes einstimmiges Urteil zu sprechen – im Sinne der Krone ver- steht sich. Oder: falls das Urteil nicht im Sinne der Krone war, wurden sie nachträglich selber mit Gefängnis bestraft. Ende 1536 war der rücksichtslose absolute Fürst Heinrich VIII in einer Position der Schwäche. Aus dieser Position war er gesprächsbereit, um Zeit zu gewinnen. Die Rebellen wurden begnadigt, aber nur auf Zeit. Ende 1536 war es Robert Aske gelungen, die Rebellen von Gewaltanwendung abzuhal- ten. Heinrich wartete nur auf einen Vorwand. Er bekam ihn durch eine neu- erliche Rebellion im Jahr danach, eine viel kleinere zwar, aber seinen Vor- wand hatte der König nun, die Schmach zu rächen. Es half Aske nicht, dass er auch jetzt versucht hatte, Gewaltanwendung abzuwenden. Heinrich hono- rierte es nicht und ließ ihn hängen. Was hinderte Aske daran, das Falschspiel des Königs zu durchschauen. War es letztlich vielleicht doch das Wissen da- rum, dass der König für die Bauern einen quasi-sakralen Status besaß? Oder der Tudor-Mythos, dass dieAbsetzung eines Königs zwangsläufig in blutigen Bürgerkrieg münden müsse? Oder, psychologisch einfacher, die Tatsache, dass Heinrich VIII. Weihnachten 1535 kumpelhaft mit Robert Aske feierte, was diesen dann in seiner Überzeugung des «Im-Herzen-guten-Königs-mit- den-schlechten-Beratern» bestärkte? Wir wissen es nicht. Und doch hätte Aske es wissen können. Denn 1381 hatte es ein Vorspiel gegeben: der Bauernaufstand in Essex und Kent unter Führung Wat Tylers. Ein Ehrenwort eines Adeligen, geschweige eines Königs, gegenüber einem Bauern konnte es nicht geben. Es gab zwischen ihnen keine gemeinsame Ehre.Auch dieser Bauernaufstand war bedrohlich. Und auch in diesem Falle zeigte sich der König, der vierzehnjährige Richard II., gesprächsbereit. Als